Das FUSECO (Future of Seamless Communication) Forum, das im Rahmen der #Berlin5GWeek stattfindet, wird 2019 bereits zum zehnten Mal vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS) veranstaltet. Weltweit ist diese Veranstaltung eines der wichtigsten Treffen von Standardisierungsgremien, Netzbetreibern, Ausstattern und Anwendern der aktuellsten Mobilfunktechnologien. Dieses Jahr, wie auch schon in den vorigen Jahren, war 5G das omnipräsente Thema.
Zunächst vorweg: Beim FUSECO Forum wurden zu viele Themen behandelt, um sie auch nur ansatzweise in einen kurzen Artikel wie diesen verpacken zu können. Wir beschränken uns in den folgenden Absätzen also wirklich nur auf die wichtigsten und unserer Ansicht nach interessantesten Aspekte.
Eine der sehr aufschlussreichen Vortragsreihen des ersten Tages dieser zweitägigen Veranstaltung beschäftigte sich eingehend mit sogenannten Virtual Network Functions (VNFs). Im klassischen Sinne sind diese VNFs kleine Programme, die bestimmte Aufgaben von konventionellen Netzwerkgeräten übernehmen. Dies können beispielsweise Firewall-Funktionen oder das Beantworten von DHCP-Requests sein. Der große Vorteil ist, dass diese Funktionen nicht mehr auf spezieller Hardware laufen müssen, sondern jede beliebige Standard-Hardware dafür verwendet werden kann. Dadurch können die Funktionen je nach Bedarf sehr schnell genau dort eingesetzt werden, wo sie gerade gebraucht werden.
Zusätzlich dazu hat sich in letzter Zeit der Trend abgezeichnet, dass nicht mehr nur klassische Netzwerk-Funktionen als VNFs virtualisiert werden, sondern auch Programme, die nichts mit dem Betrieb des Netzwerks zu tun haben. Von der Univeristy of Bristol (UK) wurde beispielsweise der folgende Use Case vorgestellt. Öffentliche Leih-Fahrräder werden mit Beschleunigungssensoren und einen Mikrocontroller ausgestattet. Sobald dieses System einen Unfall erkennt, wird eine entsprechende Nachricht an die nächste 5G-Basisstation gesendet. Die in dieser Basisstation laufende VNF veranlasst eine Drohne dazu, zum vermeintlichen Unfallort zu fliegen und das Geschehen zu filmen. Damit jedoch nicht die gesamten Videodaten gesendet werden müssen, wertet eine VNF, die in der Drohne ausgeführt wird, die Bilder aus und informiert die zentrale VNF ob es sich tatsächlich um einen Unfall handelt oder nicht. Diese leitet dann wenn nötig weitere Schritte ein.
Auch das Thema Edge Cloud war in aller Munde. Dieser Ansatz zielt darauf ab, bestimmte (oder auch alle) Funktionen, die bis dato in einem räumlich entfernten Rechenzentrum (der Cloud) ausgeführt wurden, dort hin zu bringen, wo sie tatsächlich gebraucht werden. Oft befindet sich diese Edge Cloud sogar direkt im lokalen Rechenzentrum des Kunden. Dies schafft nicht nur den Vorteil, dass potentiell sensible Daten nie das Unternehmensnetz verlassen, sondern verringert auch die Latenz. Auch hier spielt Virtualisierung eine wichtige Rolle. Denn die Funktionen, die für eine Edge Cloud entwickelt wurden, sollen auch auf jeder anderen Edge Cloud und auch in der „echten“ Cloud lauffähig sein um Redundanz zu gewährleisten. Um die Wichtigkeit des Themas zu unterstreichen, hier noch zwei Zitate von wichtigen Industrievertretern:
Studies show that 93% of companies in the US intend to invest in the edge cloud within one year.
Michael Loushine, AT&T
Backhauling (Anm.: Übertragen und Sammeln an einem Punkt) Internet of Things data is inefficient. Therefore, we need edge cloud services that aggregate data.
Robert Dimond, ARM
Um den Rahmen dieses Posts nicht vollends zu sprengen, gibt es hier noch ein paar Kommentare zu weiteren wichtigen Themen des FUSECO Forum 2019:
- Slicing: Die heute verfügbaren Netze sind zumeist auf einen Use Case ausgelegt: Schnelle Datenübertragung für menschliche Benutzer mit Smartphones, Tablets und Computern. In Zukunft wird das Mobilfunknetz aber auch von Industrierobotern, Sensoren, Autos, und vielen anderen mehr verwendet die vollkommen andere Anforderungen haben. Um all diese Anforderungen abdecken zu können, wird das Netz der Zukunft in Slices (Scheiben) aufgeteilt.
- Automatische Rekofiguration: Mit der Geschwindigkeit, mit der sich die Anforderungen an moderne Netzwerke ändern, können menschliche Techniker nur mehr schwer mithalten. Deshalb werden derzeit Mechanismen entwickelt, mit denen es möglich sein wird, dass dich die Netzwerke automatisch an verschiedene Anforderungen anpassen.
- Sidelink: Um in kritischen Situationen, beispielsweise beim autonomen Fahren, nicht ausschließlich auf die Kommunikationsinfrastruktur angewiesen zu sein, ist es wichtig, dass Geräte auch ohne Mobilfunkzelle untereinander kommunizieren können. Genau diese Anforderung ist bei 5G von Grund auf berücksichtigt worden. Somit ist Vehicle-to-Vehicle- und Vehicle-to-Infrastructure-Kommunikation möglich.
Abschließend wurde noch die Frage behandelt ob man, nach all dem Hype um 5G, bereits voraussehen kann, wie es mit 6G aussehen wird. Naturgemäß gehen die Meinungen hier sehr stark auseinander. Wenn man sich aber die bisherige Entwicklung der Mobilfunkgenerationen ansieht, wird man feststellen, dass die letzte wirkliche Revolution im zellularen Mobilfunk schon sehr lange zurückliegt. Ziemlich genau 30 Jahre sind seit der Umstellung von der analogen Übertragung von Sprache zur digitalen Datenübertragung vergangen. Erst mit der Einführung von 5G steht uns eine ähnliche Revolution ins Haus. Wenn man diese Zeitspanne als Vorlage nimmt, werden wir erst 2050 wieder einen ähnlichen Generationssprung sehen. Ganz unabhängig davon, ob dieser nun 6G, 10G oder 42G heißt.
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